Wie leistbar ist das Leben in Österreich?
Die Debatte zum Thema „leistbares Wohnen in Österreich“ beschäftigt die Bevölkerung immer mehr. Was bedeutet „leistbares Wohnen“ eigentlich genau?
Grundsätzlich ist darunter eine zentrale politische Forderung zu verstehen, welche leistbares Wohnen zu den menschlichen Grundbedürfnissen zählt. Die Bürger Österreichs müssen bereits einen Großteil ihres Haushaltseinkommens für dieses Grundbedürfnis aufbringen. Die aktuelle Wohnsituation in Österreich laut einer aktuellen Studie der Statistik Austria belegt die Zahl der Hauptwohnsitzwohnungen im Jahr 2015 durchschnittlich bei 3.816.766 Wohnungen. Dieser Wert basiert auf der Mikrozensus-Wohnungserhebung und spiegelt auch die Zahl der österreichischen Privathaushalte wieder, die im Vergleich zum Vorjahr um ca. 48.000 gestiegen ist. Im Jahr 2015 waren knapp die Hälfte aller Wohnungen Eigentumswohnungen. 41% der Hauptsitzwohnungen waren Mietwohnungen, wovon 19% von der Gemeinde Wien bereitgestellt wurden, 40% von Genossenschaften und die restlichen 41% entfielen auf private Hauptmietwohnungen. Der Großteil der Wohnungen (93%) zählt zu Kategorie A Wohnungen. Die Wohnnutzflächen sind im Jahr 2015 erstmals nicht weiter angestiegen, sodass die durchschnittliche Wohnnutzfläche 2015 bei 99,2 m² lag und die Wohnungen durchschnittlich vier Zimmer aufwiesen (inkl. Küchen ab 4 m²).
Die Wohnkostenbelastung und der soziale Wohnbau in Österreich
Aufgrund der stabilen Preisentwicklung am Wohnungsmarkt, ist das Leben in Österreich im Vergleich zum EU-Schnitt sehr „leistbar“. Die Wohnkosten für Mietwohnungen sind in Österreich unter dem EU-Durchschnitt angesiedelt, wobei die Neumieten um ein Fünftel mehr gestiegen sind, als die Bestandsmieten. Vor allem junge Familien, die zum ersten Mal auf den Mietenmarkt kommen, sind meist davon betroffen und werden so in der Wohnkostenbelastung benachteiligt. Laut einer Umfrage von SORA (Social Research and Consulting) gaben 54% der Haushalte an, dass sie von Wohnkosten sehr stark belastet seien. Die österreichischen Haushalte geben, laut der regelmäßig stattfindenden gesamteuropäischen Sozialerhebung (EU-SILC), im Durchschnitt ca. 20% ihres Einkommens für Wohnkosten, inklusive Energie- und Instandhaltungskosten, aus. Bei ärmeren Haushalten sieht die Sache allerdings schon ganz anders aus. Sie müssen teilweise bereits über 46% ihres Einkommens für Wohnen aufwenden, was für diese Haushalte naturgemäß zu einer weitaus höheren Belastung durch Wohnkosten führt, als für den „Durchschnittshaushalt“. Bedauerlicherweise wird vom sozialen Wohnbau nur unzureichend Wohnraum für die unteren Einkommensschichten zur Verfügung gestellt. Nur eine von zehn Wohnungen wird an Bedürftige übergeben, woraus abzuleiten ist, dass nicht die sozial schwächer gestellte Bevölkerungsschicht gefördert wird, sondern der gehobene Mittelstand.
Derzeit wohnen mehr als 50% der sozial Schwächsten in Wien in privat vermieteten Wohnungen, was verdeutlicht, dass es dringend neuer Reformen bedarf, um auch sozial schwächeren Personen oder Familien einen angemessenen Wohnraum bieten zu können. Hier ist vor allem der gemeinnützige Sektor gefragt. Eigentlich hat dieser die soziale Aufgabe wahrzunehmen, die Einkommensgrenzen bei der Vergabe von Bestandswohnungen zu beachten und zu überprüfen, was derzeit leider nicht mehr ordnungsgemäß durchgeführt wird. Dies führt dazu, dass auch Personen bzw. Familien aus höheren Einkommensschichten vom sozialen Wohnbau Gebrauch machen und dadurch immer weniger Wohnungen für die ärmste Schicht zur Verfügung stehen. Für die Privatwirtschaft kann dies jedoch verheerende Folgen mit sich bringen und zu einer Wettbewerbsverzerrung führen, da versucht wird, den privaten Wohnraum an soziale Mietpreise zu koppeln. Es ist daher dringend notwendig, dass sinnvolle Maßnahmen und strengere Kontrollen im Bereich des sozialen Wohnbaus eingeleitet bzw. durchgeführt werden.
Massive Verbesserung in Bezug auf Austattung von Wohnungen
Die Ausstattungen der Wohnungen haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten kontinuierlich verbessert. Der Anteil an Kategorie D-Wohnungen in Österreich beträgt, laut einer aktuellen Studie der Statistik Austria, nur mehr 1%. Die meisten dieser Wohnungen befinden sich in der Bundeshauptstadt Wien. Den größten Anteil, nämlich 93%, bilden Kategorie A-Wohnungen, welche den höchsten Ausstattungsstandard aufweisen. Daraus ist abzuleiten, dass sich der Wohlstand in Österreich, vor allem in Wien, in den vergangenen Jahren rasend schnell verbessert hat. Kategorie D-Wohnungen werden heutzutage nur mehr sehr selten von Neumietern in Anspruch genommen.
Die neue Mietrechtsnovelle
Die Mietzins- und Wohnbaumaterie ist ein sehr komplexes Thema, welches mit Vorsicht anzugehen ist. Als Paradebeispiel sind die oftmals gewünschten bzw. geforderten Preisregulierungen zu nennen, welche negative Auswirkungen für alle Beteiligten zur Folge haben könnten. Aus diesem Grund wird bereits an einer neuen Mietrechtsnovelle gearbeitet, die einen fairen Interessensausgleich zwischen Vermietern und Mietern ermöglichen und Investitionsanreize schaffen soll. Die Verhandlungen über das neue Mietrecht werden zwar immer wieder hinausgeschoben, es gibt jedoch schon einige Anhaltspunkte, die bereits diskutiert werden. Beispielsweise soll künftig bei Neuvermietungen, von über 20 Jahre alten Wohnungen, ein Basismietzins von 5,50 Euro pro m² und Monat gelten. Hinzu kommen Zu- und Abschläge für Lage und Ausstattung. Weiters sollen neu errichtete Wohnungen, in den ersten 20 Jahren, zu einem freien Mietzins vermietet werden dürfen. Inwiefern diese Punkte dann wirklich umgesetzt werden und wann die neue Novelle endgültig beschlossen wird, bleibt noch offen.